Five Things: Germany
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Wer zögert, zahlt

Für Berliner Lobbyisten und Politiker ist der Juli traditionell ein geschäftiger Monat. Nahezu täglich laden Parteien, Landesvertretungen oder Unternehmen zu Empfängen ein, mit dem Höhepunkt in der letzten Woche vor der parlamentarischen Sommerpause. So bat auch der Stromnetzbetreiber Tennet am Dienstag auf sein Büro-Dach in der Friedrichstraße, wo Vertreter aus dem Bundestag, dem Wirtschaftsministerium und dem Kanzleramt sowie die Botschafterin der Niederlande erschienen.

Das Nachbarland hat sich in der vergangenen Woche mehr Zeit erbeten, um die Angebote zum Kauf des deutschen Tennet-Geschäfts zu sichten. Den Haag will sich bis September für einen Verkauf oder einen Börsengang entscheiden. Der Deal könnte einer der wohl größten im Strommarkt werden.

Nach rund zweijährigen Verhandlungen hatte sich die Ampelkoalition im vergangenen Jahr bekanntlich gegen einen vollständigen Kauf entschieden. Dabei gab es gute Gründe, warum sich der Bund Zugriff auf die kritische Infrastruktur des Landes sichern sollte. Als die Ampel im November zerbrach, fühlte man sich bei Tennet zunächst ziemlich überfahren.

Hochspannungsleitungen eines Tennet-Joint-Ventures. Foto: Chris Ratcliffe

Die schwarz-roten Verhandler von Friedrich Merz griffen das Thema indirekt im Koalitionsvertrag auf: “Wir prüfen strategische staatliche Beteiligungen im Energiesektor, auch bei Netzbetreibern”, heißt es dort. Die Abmachung mit den Niederlanden, die das Stromnetz am liebsten von Anfang an nur an die Bundesregierung verkauft hätten, bietet der KfW weiterhin die Option, nach Abschluss der Privatplatzierung noch einen Anteil zu erwerben. Dabei sind etwa 25% im Gespräch. Dass die sonst eher marktnahe Union eine Staatsbeteiligung bei Tennet nicht ausschließt, hat auch mit Erwägungen von Cybersicherheit und Industriepolitik zu tun, wie aus Regierungskreisen zu hören ist. Ein weiteres Argument ist der 500-Milliarden-Sonderfonds, aus dem Infrastrukturausgaben nun leichter bezahlt werden könnten.

Der Staat werde auch gebraucht, so die langjährige Vermutung, weil nur wenige Kapitalgeber bereit seien, in ein solches Asset zu investieren. Es soll in den nächsten Jahrzehnten zwar Hunderte Milliarden an Investitionen verschlingen, wirft aber nur eine karge, regulierte Rendite von 5% ab. Damit sind deutsche Übertragungsnetze laut Europäischem Rechnungshof vor Zypern und Ungarn fast das Schlusslicht in Europa.

Die Skeptiker hatten jedoch die Rechnung ohne Donald Trump gemacht: Seitdem der US-Präsident die Finanzmärkte mit einer Zolldrohung nach der anderen in Aufruhr versetzt, geht es für viele Kapitalanleger nicht mehr um Traumrenditen, sondern schlicht um Stabilität. Um konservative — man könnte sagen: stinklangweilige — Anlagen wie die europäische Infrastruktur. Deutschland-Chef Tim Meyerjürgens brachte sein persönliches Fazit aus den Investorengesprächen so auf den Punkt: “Deutschland gilt als sicherer Hafen.”

Fast 30 Interessenten hatten sich den Tennet-Fall zunächst angeschaut, aktuell sind wohl zumindest die norwegische Norges Bank und der niederländische Rentenfonds APG noch im Rennen. Derartige Nachfrage lässt natürlich auch das Selbstbewusstsein im Unternehmen steigen: Bewertete dieses seine regulierte Vermögensbasis 2023 noch mit 18 Milliarden Euro, so ist die Selbsteinschätzung bis Dezember 2024 schon auf 27,8 Milliarden Euro gestiegen. In unterrichteten Kreisen ist zu hören, dass der Wert in fünf Jahren schon auf astronomische 80 Milliarden Euro steigen könnte.

Das mag für Tennet eine tolle Nachricht sein. Für den Steuerzahler ist sie das wahrscheinlich weniger. Wenn der Staat doch noch einsteigen will, wird das sicher nicht mehr für das 5-Milliarden-Schnäppchen möglich sein, für das man noch vor zwei Jahren eine Sperrminorität bekommen hätte.

Lesen Sie auch eine Auswahl unserer Artikel dieser Woche: Tech-Milliarden, Zoll-Gewinner Airbus?, kein Verlass mehr, Homeoffice bleibt und Fake-Franchise.

Tech-Milliarden

SpaceX plant dem Vernehmen nach eine neue Finanzierungsrunde, die den Wert von Musks Raketenhersteller auf rund 400 Milliarden Dollar beziffern würde – ein Rekord für ein privates US-Unternehmen. Auch das französische KI-Startup Mistral AI führt Insidern zufolge Gespräche über eine neue Finanzierungsrunde. Meta will indes seine Smart-Glasses-Offensive pushen und steigt mit rund 3% beim Ray-Ban-Hersteller EssilorLuxottica ein, hieß es. 

Zoll-Gewinner Airbus?

Bis zum 1. August hat die EU noch Zeit, Trump von einem Handelsabkommen mit milden Zöllen zu überzeugen. Hauptziel der EU-Kommission, die für die Außenhandelsfragen der EU zuständig ist, ist dem Vernehmen nach der Schutz von Schlüsselindustrien wie dem Flugzeugbau oder dem Automobilsektor. Airbus könnte als Sieger hervorgehen, für Ferrari sind die Aussichten düster.

Kein Verlass mehr

Einige altbewährte Devisenmarkt-Strategien der Wall Street haben ihre Wirksamkeit eingebüßt – und das verwirrt selbst die erfahrensten Händler. Bevor Donald Trumps Politik den Dollar abstürzen ließ, konnten sich Anleger zuverlässig auf eine Reihe von Indikatoren verlassen. Senkte Europa die Zinsen, verkaufte man zum Beispiel Euro. Inzwischen versagen diese Faustregeln immer häufiger.

Homeoffice bleibt

Die Helaba und die DZ Bank halten an ihren flexiblen Homeoffice-Regelungen fest. Beide Banken sehen mobiles Arbeiten als erfolgreich an. Während die Helaba eine 50%-Orientierung vorgibt, setzen DZ-Teams eigene Regeln. Zugleich wirbt die DZ Bank angesichts des demografischen Wandels neben Nachwuchskräften verstärkt auch um die Ü50-Generation.

Fake-Franchise

Nach dem Rückzug von McDonald’s und Starbucks florieren ihre russischen Kopien “Wkusno i Totschka” und “Stars Coffee”. Mit vertrautem Look versuchen sie kaum, die Imitation zu verbergen. Die Mischung westlicher Klassiker mit lokaler Expertise zeigt, wie sich russische Nachahmungen zunehmend etablieren.

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